C. F. Vaucher
»Aus meiner linken Schublade«
Erzählungen eines Lebens
Mit Zwischentexten von Peter Kamber
Rotpunktverlag, Zürich 1996

[Klappentext]

C. Vaucher wurde 1902 in Basel als Sohn eines Fabrikdirektors geboren. Die Rebellion gegen die steife Vornehmheit zu Hause bestimmte sein ganzes literarisches Schaffen. Heimlich begann er in Genf heimlich eine Ausbildung als Schauspieler und trat der noch stark dadaistisch geprägten Tanzgruppe von Katja Wulff bei. Später wurde er auch der Mann von Katja Wulff. Als zeitweiliger Agit-Prop-Regisseur für die Basler Linke entging er nur knapp der Enterbung durch den Vater.

In den Ateliers seiner expressionistischen Malerfreunde und im legendären Basler ›Club 33‹ fand er zu seinem unverwechselbaren Schreibstil. Nach einer Regisseur-Ausbildung in Paris gründete er mit arbeitslosen SchauspielerInnen die ›Truppe der Gegenwart‹, in der erstmals auch Alfred Rasser auftrat. Nach 1933 holte Vaucher in konspirativen Flucht-Aktionen u.a. den Regisseur und Autor der ›Moorsoldaten‹ Wolfgang Langhoff über die Grenze. Im Spanischen Bürgertkrieg lag er als Reporter mit Hemingway im Schützengraben. Mit seinem Erbe gründete er 1938 eine Filmgesellschaft und produzierte Max Hauflers berühmte Ramuz-Verfilmung ›Farinet‹. Der Kriegsausbruch und 1943 die Zerstörung des Filmnegativs bei einem Bombenangriff auf Paris verwandelten den künstlerischen Erfolg aber in ein finanziellen Desaster. Wieder ganz ohne Geld wurde C.F. Vaucher Regisseur im berühmten Cabaret ›Cornichon‹, das zu jener Zeit so etwas wie das ›Gewissen der Nation‹ war.

Im ›Cornichon‹ begegnete C.F. Vaucher auch Edith Carola. Ursprünglich Ballett-Tänzerin am Zürcher Opernhaus, gehörte sie in den 30er Jahren der Tanzgruppe von Trudi Schoop an. Die Liebesgeschichte zwischen Edith Carola und C.F. Vaucher enthält eine kaum fassbare Tragik. Als Edith Carola, die nicht versichert war, sich eine Knieverletzung zuzog, reichte das Geld nicht einmal für eine Operation. Sie begann zu trinken. Vaucher, der auf seine grossen Schreib- und Romanpläne verzichten musste, nahm alle möglichen Auftragsarbeiten an, sogar Kochsendungen am Fernsehen und Radio. Ironischerweise wurde er dadurch berühmt. Als Cabaret-Regisseur und Texter von Alfred Rasser hatte er zwar grosse Erfolge erlebt, auch das gefeierte Duo Voli Geiler und Walter Morath verdankte ihm einige der bekanntesten Nummern, doch die Einkünfte waren gering. Über all diese Jahre füllten sich aber die Schubladen seines Schreibtisches mit wunderbar scharf beobachteten autobiographischen Geschichten.

INHALT

Prolog 7
I Jahrhundertbeginn 12
II Theater und Leute 42

III ›Unzeitgemässes zum Zeitgeschehen‹ 71
IV Bildnis meines Vaters 87
V ›Schwarz über die Grenze‹ 119
VI Spanien, Bürgerkrieg, Hemingway 140
VII Krieg und ›Cornichon‹ 180
VIII Geschichten aus dem Garten 231
IX Tränen lachen 256
X ›Die Kunst, Ferien zu machen‹ 275
XI
›Mühsal und Musse‹ 296
XII Liebesgeschichten 315
Epilog 349

Anmerkungen, Register, Fotonachweis 351

Leseprobe aus dem Zwischentext von Kapitel VIII (S. 238-243)

Der enorme Druck von aussen stellte die ›All-Star‹-Gruppe ›Cornichon‹ – das »Prachts-Team«, wie die Basler ›National-Zeitung‹ sagte (17.4.1942) – auf eine harte Probe. Die Gagen waren gering, die Einschränkungen, die sich alle auferlegen mussten, gross. Fast jedes Mitglied wäre berühmt genug gewesen, um selber Karriere zu machen. Nur der Krieg und das Wissen, gemeinsam die bedrohte Redefreiheit besser verteidigen zu können als allein, schweisste die Einzelpersönlichkeiten zusammen. Wenn beispielsweise die ›Weltwoche‹ befand, das ›Cornichon‹ habe »nichts vom Vereinstheater«, da sei »alles aus einem Guss« (20.11.1942), dann steckte dahinter auch sehr viel Verzicht. Die Notgemeinschaft führte zu einer Explosion der Kreativität. »Der stürmische und, ich möchte sagen: innige Applaus bei der Premiere«, schrieb die ›Weltwoche‹ ein andermal, »bewies, dass die Truppe nicht nur unter sich zu einer vollkommenen Einheit verschmolzen ist, sondern auch mit ihrem Publikum einen kompakten Block bildet« (16.4.1943). Wenig Probleme, sich einzugliedern, hatte Trudi Schoop, die beim Programm ›Geduld, Geduld!‹ (Premiere 13.9.1941) zum ersten Mal mitmachte. Sie führte die Arbeit von Edith Carola, die Ende 1940 ausschied und erst 1942 in einem Sommerprogramm wieder dazukam, fort und bewirkte eine Verwandlung des ganzen ›Cornichon‹-Stils: »Nach den schon längst gelösten Zungen verstand sie es, die Glieder zu lösen«, meinte die ›National-Zeitung‹ anlässlich des Basler Gastspiels (2.3.1942). Die ›Weltwoche‹ bezeichnete sie als »Weltmeisterin des Grotesktanzes«, die »ihre eigenen Rekorde jeden Abend aufs neue« schlage (19.9.1941). Als Trudi Schoop einmal an einer Premiere – welcher ist leider nicht mehr bekannt – »Hitler als ›sterbenden Schwan‹« tanzte, wurde die Nummer auf Intervention der Behörden gleich wieder abgesetzt, wie sie in ihrem Buch ›Komm und tanz mit mir‹ (1981) berichtet: »Ein schwarzes Ballettröckchen deutete die SS-Uniform an und mein Gesicht war verziert mit einem Schnurrbart gleich dem des Führers. Die letzten Bewegungen meines verendenden Schwans waren ekstatische Grussgesten: der ›Flügel‹ erhob sich steif wieder und wieder zum Gruss, bis dieser makabre Vogel tot zusammenbrach. Diese Satire trug ich nur einmal vor.«

Selbst die Nöte mit der eigenen Staatsgewalt durfte das ›Cornichon‹ nur verschlüsselt zum Ausdruck bringen. Es gehörte mit zur Zensur, dass die Zensurierten die gegen sie verordneten Massnahmen nicht bekannt machen durften. Eingeweihte wussten, warum sie sich um die Premierenkarten rissen. Nummern verschwanden unversehens oder mussten eilends umgeschrieben werden, wie etwa ›Zarte Beziehungen‹ von Lenz im Programm ›Grün ist die Hoffnung‹ (Premiere 14.11.1942). In diesem Sketch mimte Zarli Carigiet einen Bundesweibel, der sich über die engen Kontakte eines ganz bestimmten Bundesrats mit einem Gesandten eines ganz bestimmten Landes so seine Gedanken machte: »Dass die Journalisten bei dieser Szene blass vor Neid werden«, schrieb die ›Weltwoche‹ (20.11.42), »braucht kaum betont zu werden.« Die Bundesanwaltschaft schaltete sich ein, und in der abgeschwächten Fassung verwandelte sich das beziehungsreiche Spiel des gewissen Gesandten in einen eher schmerzfreien Auftritt des Journalisten »Dr. X«.

Walter Lesch, Max Werner Lenz und C.F. Vaucher, die drei Haupttexter im ›Cornichon‹ der Kriegsjahre, verstiessen ein um das andere Mal gegen die verordneten Gebote der aussenpolitischen Zurückhaltung und der ›Neutralität‹ – wie dieser staatliche Souveränitätsverzicht beschönigend genannt wurde. Am ›ergiebigsten‹ waren die kleinen Sketche und Conférencen, welche die Umziehpausen zwischen den einzelnen Nummern überbrückten. Die Kunst bestand darin, Politisches wie reife Erbsen aus ganz unverfänglichen Worthülsen hervorplatzen zu lassen. »Die Conference« sei »jedesmal ein Extra-Leckerbissen, zwischen plätschernder Musik werden Hiebe ausgeteilt, die von geheimer Ironie nur so funkeln« schwärmte die ›Weltwoche‹ (10.4.1942), und das ›Volksrecht‹ erläuterte: »Das Cornichon hat keinen Solo-Conférencier. Die Ansage wird mit verteilten Rollen gemeistert. In dieser wechselvollen, immerzu rotierenden Conférence, die zwischen die Hauptstücke ein Dutzend Nebennummern von Bedeutung legt, steckt eines der vielen Geheimnisse, die den Erfolg des Schweizer Kabaretts garantieren.« (24.10.1942).

Die grösste politischen Aufregung jener Jahre rief die Eröffnungs-Conférence zum Programm ›Plaudereien am Kaminfeuer‹ (Premiere 28.3.1942) hervor. Da im nachfolgenden Sketch ›Einersiits, andrersiits‹ von Walter Lesch die deutsche Propaganda-Zeitschrift ›Signal‹ als angeblich »neutralscht Zytig i dr Schwyz« auf die Pike genommen wurde – die sehr professionell gemachte Nazi-Illustrierte war für wenig Geld an jedem Kiosk erhältlich und fand weite Verbreitung –, ging ein Schauspielerduo bereits in der Ansage auf die braune Postille ein. Wie ein in der Vorstellung sitzender Aufpasser des Reichsministerium für Aufklärung und Propaganda in einem empörten Bericht festhielt, betrat ein Zeitungshändler »mit einem Packen Zeitungen die Bühne« und schlug das fragliche Heft »mit einer mimischen Darstellung, die ohne jeden Zweifel den Führer erkennen lässt«, auf: »Wer denn dies sei. Es wird erwidert, dies sei selbstverständlich ›ER‹ (...). Hierauf nimmt der Partner das ›Signal‹ und sagt, er wolle sich ›IHN‹ ausschneiden. Auf die Frage, was er denn nun mit ›IHM‹ machen wolle, wird unter frenetischem Beifall des Publikums geantwortet: ›Aufhängen oder an die Wand stellen!‹« (6.5.1942) Wie die Kantonspolizei Zürich aus einem selben Tages abgehörten Telefongespräch des Deutschen Botschaftsrats Freiherr von Bibra erfuhr, hiess dies, »in der frechsten und unverschämtesten Weise den Führer beleidigen«: »Das soll geradezu himmelschreiend sein, was man sich da an Unverschämtheiten leistet.« Laut einer Aktennotiz der Zürcher Kantonspolizei waren allein für eine dieser Vorstellungen »von den Deutschen« Eintrittskarten für »20 Plätze gekauft worden«. Auf Veranlassung der Bundesanwaltschaft wurde darauf die Aufführung auch »von Polizeiorganen besucht« (v. Steiger an Pilet-Golaz, 2.7.1942). Die deutsche Gesandtschaft beschwerte sich in einer Note vom 20.5.1942 offiziell bei Bundesrat Pilet-Golaz, der darauf am 28.5. vom Vorsteher des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements, Bundesrat von Steiger, verlangte, gegen das ›Cornichon‹ »einzuschreiten« und »bindende Weisungen zu erteilen«.

Vieles deutet darauf hin, dass der Dialog von Vaucher war. Er war 1940-1943 der Conférence-Schreiber schlechthin des ›Cornichon‹. Im fraglichen Programm zeichneten er sowie Schaggi Streuli und Karl Meier für die Ansagen verantwortlich. Da Vaucher zusätzlich für die Regie zuständig war, kam die angriffige Bemerkung sicherlich nicht gegen sein Wissen ins Programm. Walter Lesch, der Leiter des ›Cornichons‹, musste darauf am 9.6.1942 in Bern zu einer »Aussprache« mit dem Chef des Polizeidienstes der Bundespolizei, Dr. Werner Balsiger, erscheinen. Mitanwesend war der Chef der Polizeiabteilung im EJPD, Heinrich Rothmund, der die Sitzung arrangiert hatte. Lesch spielte die Affäre herunter und erklärte Balsiger zudem schriftlich (12.6.1942), die Schauspieler hätten »diesen nicht selbst erfundenen«, sondern »weit herum als Witz erzählten, angeblich aus einem reichsdeutschen Kabarett stammenden« Satz ohne sein Wissen vorgetragen und »schon andern Tags« wieder in Beachtung »unseres strengen Allgemeinverbots jedweder Improvisation« weggelassen.

Die Ironie der Geschichte ist, dass Walter Lesch im berüchtigten Heinrich Rothmund, dem Chef der Polizeiabteilung im eidgenössischen Justiz und Polizeidepartement, auf einen persönlichen Helfer zählen durfte und die erwähnte Aussprache bei der Bundesanwaltschaft zumindest aus der Sicht Rothmunds eine Art Protektionsmassnahme war. Bereits am 13. Mai 1942 hatte Lesch diesen hohen Polizeiverantwortlichen angerufen: »Hat Gefühl, dass wieder etwas los sei«, hielt Rothmund in einem handschriftlichen Protokoll des Telefongesprächs fest.» Lesch und Rothmund hatten sich in der Studienzeit bei »den Zürcher Singstudenten« kennengelernt, wie dieser gegenüber Bundesrat Eduard von Steiger bekannte, und waren miteinander per Du.

Bezeichnenderweise beklagte sich Rothmund nach dem Krieg bitter darüber, dass Lesch im Programm ›Arche Noah‹ (Premiere Mai 1948) eine Nummer des jungen Friedrich Dürrenmatt mit dem Titel ›Der Gerettete‹ aufnahm, in welcher ein »Dr. Blauhals« – hinter dem unschwer Dr. Heinrich Rothmund selbst vermutet werden konnte – gezeigt wird, wie er als »Chef« des »Amts für Schiffbrüchige« einen Aus-dem-Wasser-Gefischten namens »Armin Schlucker«, der sich schon gerettet glaubte, so demütigt, dass dieser sich wieder ins Wasser stürzt.

Emil Hegetschweiler spielte damals den ›Schiffbrüchigen‹; ›Dr. Blauhals‹ wurde von Peter W. Staub verkörpert. Rothmund wertete in einem Brief an das ›Cornichon‹ die, wie er sagte, »offenkundige Analogie zu meinem Familiennamen« als »geschmacklos und dreckig«; Lesch habe sich »als schwankendes Rohr« gezeigt (19.5.1948). Der Ansgesprochene schrieb in seiner Antwort, er selber sehe in der Dürrenmattschen Nummer keine »Verleumdung«: Der »Angriff auf die Missachtung der Persönlichkeit politischer Flüchtlinge wird, fürchte ich, hier und in aller Welt noch lange zur vornehmsten Aufgabe oppositioneller Bühnen und Bühnchen bleiben« (19.5.1948). In einer Replik zeigte Rothmund keinerlei Verständnis dafür, dass seine enorme persönliche Macht während des Krieges, die den Kontrollmechanismen der direkten Demokratie weitestgehend entzogen war, einmal zwingend zu einem Thema werden musste. Beleidigt schrieb er: »Dazumal, während des Krieges, hat sich das Cornichon meines Erinnerns zur Flüchtlingsfrage wohl andeutungsweise ausgelassen, was durchaus verständlich ist. Meine Person wurde jedoch nicht hineingezogen. Heute ist es wohl anders. Man braucht bei mir heute weder Rückhalt noch Stütze. Man kann mich also hemmungslos verunglimpfen.« (26.5.1948)

Lesch, der das ›Cornichon‹ gegen aussen vertrat, war es während des Krieges gelungen, seinen Kopf immer wieder mit viel Rhetorik aus der Schlinge zu ziehen. Im Oktober 1941 zum Beispiel, als das ›Cornichon‹ vom Zürcher Regierungsrat Briner darauf aufmerksam gemacht worden war, dass »die Darbietungen dieser Bühne (...) sich wieder einmal der Grenze des politisch Tragbaren genähert haben, sofern diese Grenze nicht stellenweise bereits überschritten sei«, war der Kantonspolizei in einem Bericht nur die Feststellung geblieben, »Lesch gibt noch bekannt«, er habe das laufende und das nächste Programm »hinsichtlich der politischen Tragbarkeit eingehend mit seinem Verbindungsbruder Dr. Rothmund, Bern, durchbesprochen und von ihm die Versicherung erhalten, es sei hier nichts zu beanstanden« (8.10.1941).

Dieser Schutz hatte aber auch etwas Zwiespältiges. Der Druck war nicht aufgehoben, sondern verlagerte sich lediglich auf eine privat-persönliche Ebene. Lesch, der sich durch die Macht im Staate und das Entgegenkommen eines ihrer wichtigsten Verwalter nicht korrumpieren liess, musste sich doch zumindest um den Anschein der Zurückhaltung bemühen, auch wenn entsprechende Zusagen mehr oder weniger Lippenbekenntnis blieben. Sicher war ein am 12.6.1942 gegenüber der Bundesanwaltschaft angekündigter, »unabhängig von den Beschwerden gefasster Entschluss, uns immer stärker auf das ›Innenpolitische‹ zu konzentrieren«, kaum wörtlich zu nehmen. Schon das folgende Programm ›Teure Heimat‹ (Premiere 15.9.1942) brachte dem ›Cornichon‹ denn auch wieder einen Strauss neuer Klagen ein – nicht zuletzt wegen C.F. Vaucher, auf den in dieser Hinsicht stets Verlass war. Dieser hatte in einer Conférence nicht nur sinnreich Tells ›zweiten Pfeil‹ gelobt, ohne den ›wir wahrscheinlich bis 1938 Österreicher geblieben wären‹, sondern auch gleich das Kunststück fertig gebracht, mit einem Wortspiel auf die Nationale ›Front‹, die Schweizer Nazis, versteckt auf die geplante Landung der Alliierten auf dem Kontinent – die sogenannte ›zweite Front‹ – zu verweisen, ›die ruhig kommen könne‹. In einer weiteren Ansage erweckte Vaucher mit einem unangekündigten antiken Zitat den Eindruck, er rede von der Gegenwart, bis das Missverständnis deutlich wurde. Der Text stammte aus Ciceros Klagerede (69 v.Chr.) gegen Gaius Verres, einen römischen Provinzstatthalter, der durch seine »Habgier« und »Gewalttätigkeiten« in »allen besetzten Staaten« Trauer hervorrufe und gegen welchen »alle freien Völker« Klage erhöben: »Ah so, si hend sich jetzt vorgschtellt, das seigi es Zitat usere bundesrötliche Rede anno 42«, rief Vaucher scheinheilig. «Uusgschlosse wär's nöd, höchstens vilicht verfrüeht! Nei!« Gegen diesen Verres also, stellte er richtig, »het eusen Cicero Rede ghalte, im Grund also Leitartikel gschribe. Nöd Leid-Artikel, mit eme weiche, nachgiebige, sondern mit emene harte, unerschrockenen ›T‹. (...) Gsehnd sie, das het me chönne uf latinisch säge. Versuechet sie das emal (...) zum Byspiel uf dütsch z'säge! (...) Sie werdet gseh, sie werdet gwüssi Schwierigkeite, sie werdet enormi Schwierigkeite (...) ha!«

In die gleiche Kerbe schlug Vauchers direkt anschliessender Sketch »Reif oder nicht reif?«, wo ein unter »Zuckungen« und einem seltsamen unkontrolliert auftretenden Redeschwall voll martialischer Töne Leidender sich in ärztliche Behandlung begibt: »So, Sie wen sich also rückumschule lo auf d'Demokratie?« Von einer Mitpatientin, die von Margrit Rainer gespielt wurde, bekommt der Mann die Diagnose gestellt: »Sie hend ganz aifach en Artikolosklerose.« – »Ganz aifach? Was isch das?« – »Das chunnt vo de Zytige. Vo der Pressi. (...) Allerdings nöd vo der Pressi, wo presst wird, sondern vo der Pressi, wo die Pressi presst, vo dere bekannte Presserei also – nöd vo der Presserei wo schwarz uf wyss presst, sondern vo dere, wo druf presst, dass eusi Press nöd e so presst wird, wie mir gern wöttet presst ha! Verstöhnd Sie mich?« Auch da galt wohl, was die ›Basler Nachrichten‹ anlässlich eines anderen Programms des ›Cornichon‹ über »die gespielte Gleichgültigkeit und die erregende Nonchalance« Vauchers schrieben: »Wir begreifen es vom ersten bis zum letzten, auch wenn der Conférencier Vaucher besorgt und diabolisch fragt: ›Hab' ich mich unklar genug ausgedrückt?‹« (2.3.1942)